Ehrenamt und Nebenamt in Vereinen

Mit der Einführung des Bundeskinderschutzgesetzes wurde der § 72a im SGB VIII verändert. Ziel ist es, den Schutz junger Menschen in Angeboten der Jugendhilfe zu erhöhen und zu verhindern, dass in der Kinder- und Jugendhilfe Personen tätig werden, die einschlägig vorbestraft sind. Zu diesem Zweck verpflichtet § 72a SGB VIII das Jugendamt mit Trägern der freien Jugendhilfe »Vereinbarungen zum Schutzauftrag« abzuschließen. 

Fragen und Antworten

zum Bundeskinderschutzgesetz

Was regelt der § 72a SGB VIII?
Der Paragraph regelt den »Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen« (476 KB) in der Kinder- und Jugendhilfe. Das heißt, wenn eine Person nach den im § 72a Absatz 1 SGB VIII benannten Straftatbeständen rechtskräftig verurteilt ist, darf sie keine haupt-, neben- oder ehrenamtliche Tätigkeit in der Kinder- und Jugendhilfe ausüben. Um dies zu prüfen, sollen sich die Träger bei der Einstellung oder Vermittlung, sowie in regelmäßigen Abständen ein sogenanntes erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen lassen. Zu diesem Zweck verpflichtet der Gesetzgeber die Jugendämter in § 72a SGB VIII Vereinbarungen mit den Trägern der freien Jugendhilfe abzuschließen.
 
Wer ist Träger der freien Jugendhilfe?
Zu den freien Trägern der Jugendhilfe gehören alle Vereine, Verbände, Vereinigungen, Initiativen usw. die freiwillig (nicht privat oder kommerziell) Angebote im Rahmen der Jugendhilfe anbieten. Dabei ist es unerheblich, ob die Träger als »freier Träger« anerkannt sind oder nicht, ebenso, ob sie finanziell gefördert werden oder nicht. Zu den Angeboten im Rahmen der Jugendhilfe zählen alle Leistungen, die das SGB VIII vorsieht, also beispielsweise die Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit, Jugendsozialarbeit, der erzieherische Kinder- und Jugendschutz sowie die Hilfen zur Erziehung.
Das heißt, grundsätzlich sind die Träger von Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit, sowie Sportvereine betroffen.
 
Welche Personen und Tätigkeiten betrifft der § 72a SGB VIII?
Bei ehren- oder nebenamtlich Tätigen gilt im Vergleich zu hauptamtlich Tätigen die Vorlagepflicht nicht generell, sondern nur, wenn sie im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe »Kinder oder Jugendliche beaufsichtigen, betreuen, erziehen oder ausbilden oder einen vergleichbaren Kontakt haben.« Die Tätigkeiten und Aufgaben wiederum müssen »aufgrund von Art, Intensität und Dauer« geeignet sein, dass die Personen die Möglichkeit haben, zu jungen Menschen ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Das »Prüfschema zur Notwendigkeit der Einsichtnahme in ein erweitertes Führungszeugnis für neben- und ehrenamtlich tätige Personen« sowie die »Empfehlung zur Einordnung ehrenamtlicher Tätigkeiten hinsichtlich einer verpflichtenden Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses bei Jugendverbänden« kann zur Orientierung hierzu genutzt werden.
 
Ab welchem Alter ist die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses erforderlich?
Ein erweitertes Führungszeugnis kann grundsätzlich mit Vollendung des 14. Lebensjahres beantragt werden. Der Verein/Verband soll anhand der Art, Intensität und Dauer der Tätigkeit prüfen, von welchen ehren- und nebenamtlich tätigen Personen das erweiterte Führungszeugnis eingesehen werden muss. Hierzu kann das »Prüfschema zur Notwendigkeit der Einsichtnahme in ein erweitertes Führungszeugnis für neben/-ehrenamtlich tätige Personen« genutzt werden.
 
Welche Strafbestände führen zum Ausschluss von Ehrenamtlichen/ Nebenamtlichen?
Strafbestände nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184f, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuches (StGB).

zur Vereinbarung zum Schutzauftrag​

Wie sieht so eine Vereinbarung aus?


Warum ist in der Vereinbarung auch § 8a SGB VIII aufgeführt?         
Der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald hat entschieden, in die »Vereinbarung zum Schutzauftrag« sowohl die Bestimmungen des § 8a SGB VIII »Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung« als auch die Bestimmungen des § 72a SGB VIII »Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen« aufzunehmen. Die Bestimmungen des § 8a SGB VIII sind anzuwenden, wenn bei dem Träger Fachkräfte hauptamtlich beschäftigt sind. Die Bestimmungen des § 72a SGB VIII gelten für alle Träger, bei welchen Personen haupt-, neben- oder ehrenamtlich tätig sind. Für ehren- und nebenamtlich tätige Personen in der Jugendarbeit gelten also lediglich die Bestimmungen nach § 72a SGB VIII. Somit ist die Vereinbarung zum Schutzauftrag im Ehren- und Nebenamt erst ab dem Punkt »§ 7« der Vereinbarung relevant.
 
Was muss ein Verein/Verband tun um eine Vereinbarung mit dem Jugendamt abzuschließen?
Das Jugendamt schreibt regelmäßig alle Vereine/Verbände mit Sitz im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald postalisch an und informiert über die Vereinbarung zum Schutzauftrag. Hierfür werden die öffentlich zugänglichen Informationen des Registergerichts genutzt. Vereine/Verbände können sich aber auch selbst an das Jugendamt wenden und Kontakt aufnehmen. Hierzu kann das Rückmeldeformular (1,2 MB) genutzt werden. Wenn ein Verband/Verein die Vereinbarung mit dem Jugendamt abschließen möchte, wird diese in zweifacher Ausfertigung postalisch versendet. Vorsitzende/Verantwortliche unterschreiben diese und senden ein gegengezeichnetes Exemplar an das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald zurück. Für das Ehren- und Nebenamt ist die Vereinbarung ab § 7 "Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen nach § 72a SGB VIII soweit diese beim Träger ehren- oder nebenamtlich tätig sind " relevant. 
Mit der Unterschrift verpflichtet sich der Verein/Verband, die erweiterten Führungszeugnisse der relevanten Personen regelmäßig einzusehen und bei einer entsprechenden rechtskräftigen Verurteilung (204 KB), die betreffende Person aus der Arbeit mit jungen Menschen auszuschließen.

Muss bei einem Vorstandswechsel die Vereinbarung zum Schutzauftrag neu abgeschlossen werden? 
Die Vereinbarung zum Schutzauftrag wird nur einmalig mit dem Jugendamt abgeschlossen. Kommt es zu einem Vorstandswechsel wird die bestehende Vereinbarung auf den neuen Vorsitzenden übertragen.
 
Warum wird in der Vereinbarung Bezug auf das Präventions- und Schutzkonzeptes genommen?
Die Vorlage eines erweiterten polizeilichen Führungszeugnisses ist nur ein Aspekt, um den Schutz junger Menschen in den Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe sicherzustellen. Wichtig ist, dass sich Vereine/Verbände im Rahmen der Entwicklung eines Präventions- und Schutzkonzeptes mit der Frage auseinandersetzen, wie junge Menschen in der jeweiligen Institution vor körperlicher, psychischer oder sexueller Gewalt präventiv geschützt werden können. Das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald bietet hierzu jährlich kostenlose Fortbildungen an. 

zum erweiterten Führungszeugnis und zur Antragsstellung

Was steht in einem erweiterten Führungszeugnis?      
Das erweiterte Führungszeugnis ist eine behördliche Bescheinigung über bisher registrierte Vorstrafen einer Person. Im Vergleich zum »einfachen« Führungszeugnis nach § 30 Bundeszentralregistergesetz (BZRG) unterscheidet sich das erweiterte Führungszeugnis gemäß § 30a BZRG (476 KB) dadurch, dass unter anderem Verurteilungen wegen Verletzungen der Fürsorge- und Erziehungspflicht,  wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen und wegen Straftaten gegen die persönliche Freiheit eingetragen werden, die auf Geldstrafe unter 90 Tagessätzen oder auf Freiheitsstrafe unter drei Monaten ausgesetzt wurde.

Wo und wie wird das erweiterte Führungszeugnis beantragt?

Das erweiterte Führungszeugnis wird von der ehren- oder nebenamtlich tätigen Person im Rathaus der Wohnsitzgemeinde beantragt. Hierzu ist der Personalausweis/Reisepass sowie die Bescheinigung zur Gebührenbefreiung vorzulegen.
 
Was kostet das erweiterte Führungszeugnis?

Für die ehrenamtliche Tätigkeit ist die Ausstellung eines erweiterten Führungszeugnisses kostenfrei. Der Verein/Verband bescheinigt mit Unterschrift und Stempel auf einem Vordruck. die ehrenamtliche Tätigkeit. Mit dieser Bescheinigung zur Gebührenbefreiung können die ehrenamtlich tätigen Personen das erweiterte Führungszeugnis beim Rathaus der Wohnsitzgemeinde beantragen. Neben- und hauptamtlich Tätige müssen eine Gebühr entrichten. Weitere Informationen hierzu finden sich im »Merkblatt Gebührenbefreiung«.
 
Wer bekommt das erweiterte Führungszeugnis zugeschickt?
Das erweiterte Führungszeugnis wird nach § 30 BZRG (476 KB) immer der Antrag stellenden Person zugeschickt. Diese Person legt es dann dem Vereinsvorstand zur Einsichtnahme vor.     
Wichtig: Das erweiterte Führungszeugnis muss dem Verantwortlichem im Verein/Verband nur vorgelegt und darf weder kopiert noch abgeheftet werden. Es verbleibt bei der Person und kann somit auch zur Vorlage bei anderen Vereinen/Verbänden genutzt werden.

Wann ist eine Selbstverpflichtungserklärung notwendig?
In Fällen eines kurzfristigen Einsatzes von ehren- oder nebenamtlich tätigen Personen kann es vorkommen, dass nicht auf die Ausstellung eines erweiterten Führungszeugnisses gewartet werden kann. In diesem Falle kann eine sogenannte »Selbstverpflichtungserklärung« durch die ehren- oder nebenamtlich tätige Person unterzeichnet werden. Darin versichert sie, keine einschlägigen Eintragungen im erweiterten Führungszeugnis zu haben. Das ersetzt aber nicht die Vorlage des erweiterten Führungszeugnisses. Dieses ist schnellstmöglich zu beantragen und beim Verantwortlichen vorzulegen beziehungsweise nachzureichen.

zur Einsichtnahme und Dokumentation​

Wo muss das erweiterte Führungszeugnis vorgelegt werden?
Das erweiterte Führungszeugnis wird bei dem Vereinsvorsitzenden beziehungsweise Verantwortlichen zur Einsicht vorgelegt. Der Vereinsvorsitzende kann aber auch eine ausgewählte Person mit dieser Aufgabe beauftragen (z.B. Jugendleiter/Jugendleiterin).
 
Was passiert bei der Einsichtnahme?

Bei der Einsichtnahme werden gegebenenfalls eingetragene Straften mit den Straftaten des § 72a Abs. 1 SGB VIII abgeglichen. Eventuell vorhandene Straftaten dürfen aber nicht dokumentiert werden auch wenn sie für den § 72a Abs. 1 SGB VIII von Relevanz sind. Das erweiterte Führungszeugnis darf weder kopiert noch abgeheftet werden. Die ehren- oder nebenamtlich tätige Person bekommt das erweiterte Führungszeugnis nach der Einsichtnahme zurück.
 
Wie kann die Vorlage der erweiterten Führungszeugnisse dokumentiert werden?

Der Verein führt eine Liste, in der das Vorlagedatum, das Datum der Ausstellung, der Name des Ehren- oder Nebenamtlichen und die Tatsache, dass keine einschlägigen Vorstrafen nach § 72a SGB VIII enthalten sind. Ausgeschiedene Ehren- oder Nebenamtliche sind aus der Liste zu löschen. Bei Ablauf der Gültigkeit nach 5 Jahren werden die ehren- oder nebenamtlich Tätigen aufgefordert, erneut ein aktuelles erweitertes Führungszeugnis vorzulegen. In den Vereinen sollte eine Ansprechperson benannt werden, welche die Liste führt. Zur Dokumentation kann das »Dokumentationsblatt für den Träger bezüglich der Einsichtnahme in das erweiterte Führungszeugnis bei neben- oder ehrenamtlich tätigen Personen (gemäß § 72a SGB VIII)« genutzt, oder alternativ die Excel-Liste zur Dokumentation der Einsichtnahme heruntergeladen werden.
 
Wie alt darf das erweiterte Führungszeugnis bei Vorlage sein?

Das erweiterte Führungszeugnis darf bei Vorlage nicht älter als 3 Monate sein.
 
Wann muss erneut ein erweitertes Führungszeugnis vorgelegt werden?
Die Einsichtnahme in das erweitere Führungszeugnis gilt für maximal 5 Jahre. Danach müssen die ehren- oder nebenamtlich Tätigen erneut zur Vorlage aufgefordert werden. Diese Frist kann nach eigenem Ermessen auch früher gesetzt werden.

    

Kontaktaufnahme für die Vereinbarung

Wenn Sie die Vereinbarung zum Schutzauftrag mit uns abschließen möchten, nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf. Hierzu können Sie das Rückmeldeformular (1,2 MB) nutzen oder telefonisch sowie per E-Mail Kontakt aufnehmen.